In Sachen Erziehung wird es nie nur ein Richtig geben. Schließlich sind alle Erziehungsideen und -strömungen immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. So entstand beispielsweise die antiautoritäre Erziehung Ende der 1960er, weil man die Macht- bzw. Autoritätsverhältnisse in Familien als Nährboden für Faschismus angesehen hatte.
Auf die antiautoritäre folgte in den 70er Jahren die Antipädagogik-Erziehung und darauf wieder die nächste. Und jede dieser Erziehungsmethoden hatte zu seiner Zeit eine Daseinsberechtigung.
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Früher hui, heute pfui
Dennoch gibt es aus heutiger Sicht Dinge, die wir einfach nicht mehr machen würden. Nicht etwa, weil Kindeswohl in Gefahr ist (mit ein, zwei Ausnahmen, aber dazu gleich mehr), sondern weil wir aktuell glauben, es besser zu machen als die Generationen vor uns.
Und wir würden in der Redaktion fast unsere Hände dafür ins Feuer legen, dass in 10 Jahren schon wieder vieles anders ist, das wir heute für das Nonplusultra halten. Aber warten wir’s ab. Kommen wir erst einmal zu den Dingen, die unsere Eltern gemacht haben, die wir heute so nicht wiederholen würden.
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#1 Fernsehen am laufenden Band
Obwohl wir heute mit Handy, Tablet, Computer und Laptop, noch dazu Streaming-Diensten und digitalem Fernsehen alle Möglichkeiten haben, uns rund um die Uhr beschallen zu lassen, machen wir genau das nicht. Und noch weniger lassen wir unsere Kinder zu viel vor Bildschirmen sitzen. Weil wir nämlich überzeugt davon sind, dass zu viel Bildschirmzeit ungesund ist.
Komisch, sind wir es schließlich gewesen, die die Flimmerkiste angemacht hatten, noch bevor der Schulranzen in der Ecke gelandet ist.
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#2 Ohne Überwachung aus dem Haus
Am Wochenende oder in den Schulferien haben wir unsere Eltern eigentlich nur gesehen, wenn das Essen auf dem Tisch stand. In der Zwischenzeit sind wir mit Freunden um die Häuser gezogen, an Badeseen gefahren oder haben Spielplätze erobert. Meistens wussten unsere Eltern nicht einmal, wo wir sind und haben selten bis gar nicht danach gefragt.
Undenkbar heute, in einer Zeit, in der bereits Grundschulkinder mit Handy oder anrufbarer Smart-Watch ausgestattet sind. Wir Eltern heute verspüren das Bedürfnis, genau zu wissen, mit wem das Kind wo unterwegs ist.
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#3 Absurde Regel beim Essen
Durftet ihr als Kinder während der Mahlzeiten etwas trinken? Das klingt jetzt komisch, aber ich stamme aus einer Zeit, da hat man das nicht gemacht. Aus dem einfachen Grund, so meine Eltern, dass man sich ja dann satt trinkt und nicht isst. Deswegen standen auf unserem Esstisch nie Gläser, wenn wir uns zum Essen hingesetzt haben.
Und heute? Übertrieben dargestellt stehen in unserem Haus heute auf jedem Tisch Gläser, damit die Kinder (und man selber) bloß genug trinken. Immer schön hydriert bleiben. Unvorstellbar, dass man heute jemandem den Griff zum Wasserglas verbietet, weil man beim Essen sitzt.
#4 Einkaufen für die Großen
Früher wurden Kinder losgeschickt, um ihren Eltern Zigaretten zu kaufen. Gab es keinen Zigarettenautomaten, dann mit einem Zettel in der Hand zum Büdchen, auf dem stand, dass die Eltern einem die Erlaubnis gegeben haben, Zigaretten in ihrem Namen zu kaufen.
Aus heutiger Sicht ist das nicht nur unvorstellbar, sondern schlichtweg nicht mehr möglich. Das Gesetz erlaubt es nämlich erst volljährigen Personen, Tabakwaren zu erwerben. Und das ist auch gut so.
#5 Überall rauchen
Noch bis 2007 durfte man fast überall rauchen. In Zügen, Flugzeugen, Büros – man war nirgends vor dem blauen Dunst sicher. Und das galt auch für Kinder. Dann saßen die eben mal 4 Stunden im verqualmten Zugabteil oder Auto.
Zum Schutz von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen ist Rauchen heute in den meisten Innenräumen untersagt. Auch an öffentlichen Orten, Bahnhöfen oder Flughäfen darf nur an offiziell ausgewiesenen ‚Raucherinseln‘ gequalmt werden.
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#6 Zuckerkonsum
Früher hat keiner wirklich darauf geachtet, wie viel Zucker wir Kinder über den Tag verteilt gegessen oder getrunken haben. Dass Zucker nicht gerade gesund ist, war vermutlich keinem ein Geheimnis, aber als harmlos galt er dennoch.
Da wurde das Taschengeld noch in gemischte Tüten investiert und deren Inhalt mit mindestens einer Dose Cola, Fanta oder Sprite runtergespült. Haben die Eltern ja eh nicht mitbekommen, die wussten ja gar nicht, wo man unterwegs war.
Dass zu viel Zucker tatsächlich schädlich für den Körper ist, wird schon seit den 1980er Jahren diskutiert. Heute schreibt man übermäßigem Konsum zu, das Adipositasrisiko, Stoffwechselerkrankungen oder sogar indirekt das Krebsrisiko zu erhöhen.
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#7 Kaum Sonnenschutz
Am Strand oder im Freibad wurden auch wir früher mit Sonnencreme versorgt, um unsere Haut vor Sonnenbrand zu schützen. Wann immer es im Sommer aber ’nur‘ zum Spielen rausging, hat keiner Sonnencreme aufgetragen bekommen oder spezielle UV-Kleidung getragen.
Heute ist das anders, weil man mehr über die Gefahren durch UV-Strahlung weiß. Da wird auch im Winter täglich Sonnencreme genutzt.
#8 Die Sache mit dem Auto
Schon in unserer Kindheit gab es den Sicherheitsgurt, Gott sei Dank. Ganz so eng haben unsere Eltern das aber nicht gesehen, wenn sie uns beispielsweise auf dem Schoß mitgenommen haben. Kindersitze oder Sitzerhöhungen gab es kaum. Auch die Platzanzahl in einem Auto schien in unserer Kindheit dehnbar. Reichten die Plätze nach einer Geburtstagsparty nicht aus, um alle Kinder gleichzeitig nach Hause zu bringen, wurde eben zusammengerückt. Da fuhren auch mal 7 Kinder in einem 5-Sitzer mit.
Heute absolut undenkbar. Man würde glatt von verantwortungslosem Verhalten sprechen. Man stelle sich bloß mal vor, wie die Eltern schauen würden, wenn man mit einem überfüllten Auto voller Kinder vorfährt.
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#9 Fertigessen
Unter der Woche, mit zwei berufstätigen Eltern, kamen sogenannte Schlüsselkinder alleine nach der Schule nach Hause und haben sich dank Fertigprodukten wunderbar alleine versorgen können. Oder es musste einfach schnell gehen und Dosenravioli, Tiefkühlpizza und Co. sorgten ohne Komplikationen für volle Kinderbäuche.
Heute achtet man jedoch mehr auf die Ernährung. Und auch wenn mal die TK-Pizza auf dem Familientisch landet, so ist es häufiger Ausnahme als Regelfall.
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#10 Nackt sein in der Öffentlichkeit
Früher sah man am Strand viele kleine Kinder ohne Badesachen am und im Wasser herumplanschen. Kaum jemand hat sich Gedanken darum gemacht, dass jemand anderes Fotos davon machen oder das Kind mit seiner Nacktheit anstößig sein könnte.
Heute undenkbar. Immer schwirrt einem die Angst im Kopf herum, dass jemand das Kind so fotografieren könnte, schlimmer noch, dass die Bilder in kriminelle Hände gelangen.
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#11 Eingewöhnung in der Kita
Eine Eingewöhnungsphase im Kindergarten oder der Krippe gab es früher nicht. Zum ersten Kita-Tag wurden Kinder abgegeben und die Eltern weggeschickt. Tränen und Geschrei der Kinder waren da an der Tagesordnung.
Heute geht man mehr auf die Kinder ein, gibt ihnen so viel Zeit, wie sie brauchen, um alleine im Kindergarten bleiben zu können.
Es war nicht alles schlecht
Liest man sich all das durch, kann man sich schon mal darüber wundern, dass aus uns noch etwas geworden ist. Ganz schlecht war’s aber auch nicht. Kann’s ja auch nicht gewesen sein. Die Zeit, in der nicht alles fotografiert und gepostet wurde zum Beispiel, fühlt sich aus heutiger Sicht ein bisschen freier an. Darum ist es vielleicht sogar ein bisschen schade. Ist aber auch nur eine persönliche Meinung.
Fällt euch noch was ein, was eure Eltern früher gemacht haben, das für euch heute undenkbar ist? Lasst es uns gerne bei Instagram oder Facebook wissen. Wir freuen uns darauf.