Brauchtum ist eine tolle Sache. Denn beim Feiern diverser Feste kommen unterschiedliche Generationen zusammen und verbringen eine oft sehr harmonische und schöne Zeit. So wie an St. Martin, meinem Erachten nach, einer der schönsten Bräuche des Jahres.
Denn es ist toll mit anzusehen, wie Kinder ganz stolz und mit strahlenden Augen ihre selbst gebastelten und hell erleuchteten Laternen über die Straßen tragen und wie sie voller Inbrunst das Martinslied und viele weitere Lieder schmettern. Alle gemeinsam. Das schafft nicht nur tolle Erinnerungen, sondern verbindet. Die Kinder, aber auch alle dem Brauch beiwohnenden Erwachsenen.
Aber was genau feiern wir an St. Martin? Und warum begehen wir dieses Fest mit Laternen und mancherorts sogar mit einer Martinsgans? Wir wissen mehr.
Lest auch: Glückliche Familien: 5 Dinge, die sie anders machen
Kinderleicht erklärt: Wer war St. Martin?
Eigentlich war Martin ein gewöhnlicher römischer Soldat, geboren um 316 nach Christi. Die Legende besagt, dass er eines kalten Wintertages an einem Bettler vorbeiritt. Dieser fror fürchterlich und hatte nichts zu essen. Martin hatte selbst nichts dabei als die Kleider, die er am Leib trug. Aber er hatte Mitleid mit dem Mann, teilte mit seinem Schwert seinen Mantel und schenkte die eine Hälfte dem Bettler.
In der anschließenden Nacht soll Martin von dem Bettler geträumt haben, der sich gleichwohl als Jesus Christus zu erkennen gab. Beeindruckt von diesem Erlebnis, habe sich Martin dem Christentum zugewandt und ließ sich taufen. Sein Leben widmete er von da an denen, die Hilfe brauchten.
Auch interessant: Indirekte Hilferufe: 8 Sätze, mit denen Kinder um Hilfe bitten
So kam er zu großem Ansehen. Die Menschen von Tours bewunderten Martin so sehr, dass sie ihn als Bischof der Stadt sehen wollten. Martin aber lebte bescheiden und wollte dieses Amt nicht übernehmen. Angeblich habe er sich vor den Menschen versteckt, um nicht zum Bischof ernannt zu werden. Unterschlupf soll er in einem Gänsestall gefunden haben. Doch die schnatternden Gänse sollen ihn verraten haben und so wurde er schließlich doch Bischof von Tours. Das Amt hatte er 30 Jahre inne und er soll in der Zeit mehrere Wunder vollbracht haben.
Am 8. November 397 verstarb Martin und wurde am 11.11.397 zu Grabe getragen. Nach seinem Tod wurde er heiliggesprochen.
Im Video: So wird die Zeitumstellung auf Winterzeit ein Klacks
Und wie passen Martinsgans und Laternen zu St. Martin?
Die Tradition der Martinsgans geht auf unterschiedlichste Theorien zurück. Eine besagt, dass die schnatternden Gänse, die Martin in seinem Versteck verraten haben, zur Strafe geschlachtet und verspeist wurden.
Eine andere Theorie, auf die sich Historiker lieber berufen, besagt, dass der 11. November der Tag war, an welchem Lehen und Steuern abgegeben werden mussten. Da einfache Bauernleute diese Schulden meist in Form von Naturalien beglichen, fanden sich auch Gänse unter den Abgaben.
Auch eine Theorie: Der 11. November markierte den letzten Tag vor der vorweihnachtlichen Fastenzeit. Er bot also die letzte Gelegenheit, noch einmal zu schlemmen bzw. Lebensmittel aufzubrauchen, die in den 40 Tagen Fastenzeit nicht gestattet waren.
Auch der Ursprung der Laternen ist nicht eindeutig geklärt. Damals war es üblich, in Gedenken an Verstorbene, Lichterprozessionen abzuhalten. Vielleicht haben die Menschen das auch für St. Martin getan.
Im November verabschiedeten sich die Bauern zudem mit dem Abbrennen der abgeernteten Felder von dem zurückliegenden Erntejahr. Auch die Kinder nahmen daran teil und bastelten sich mit Stroh kleine Fackeln. Damit liefen sie über die Straße. Dass wir an St. Martin also Kinder mit Laternen sehen, kann dem Zufall geschuldet sein. Vielleicht sind der Gedenktag an den Heiligen Martin und das Erntedank auf denselben Tag gefallen und es wurde im Laufe der Zeit zu einer Tradition.
Dotzen, Schnörzen, Mätensingen – weitere St. Martin Traditionen
In einigen Regionen Deutschland, vornehmlich im Rheinland, schließt sich an den Martinszug das Martinssingen an. Je nach Region nennt man das Dotzen, Schnörzen, Mätensingen oder auch Gripschen. Dann ziehen Kinder in kleinen Gruppen von Haustür und zu Haustür, singen den Bewohnern ein Lied und bitten um kleine Gaben, meist in Form von Süßem.
Andernorts gehen die Kindergarten- und Grundschulkinder schon vor St. Martin ‚dotzen‘, singen an den Türen ihr Martinslied und sammeln beispielsweise kleine Geldspenden (und Süßes), zur Finanzierung des kommenden St. Martinsfests.
Im Geiste St. Martins fordern die Kinder ihre Mitmenschen dazu auf, zu teilen. So wie es auch St. Martin einst mit seinem Mantel tat.