In Deutschland wird jede*r Erwerbstätige durch das Finanzamt einer Steuerklasse zugeordnet. Welche das ist, hängt ganz von der individuellen Lebenssituation ab. Bist du beispielsweise single und kinderlos, gehörst du in aller Regel Steuerklasse eins an.
Hast du eine*n Partner*in und ihr entscheidet euch zu heiraten, ändert sich auch eure Steuerklasse. Nach der Hochzeit rutscht man erst mal automatisch in Steuerklasse vier. Eheleute haben aber die Wahl zwischen den Steuerklassenkombinationen 4 und 4, 4 mit Faktor oder 3 und 5. Das bedeutet, sie müssen nicht in Steuerklasse vier bleiben, wenn eine andere Steuerklassenkombination finanziell attraktiver ist.
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Generell können Verheiratete und Verpartnerte eine gemeinsame Steuererklärung abgeben. Das bedeutet, das gemeinsame zu versteuernde Einkommen wird halbiert (gesplittet, von engl. to split = aufteilen) und darauf wird der Einkommenssteuertarif angewendet. Die Einkommenssteuer, die dann herauskommt, wird verdoppelt.
Eine Zusammenveranlagung lohnt sich besonders dann für Paare, wenn eine*r deutlich mehr verdient als der oder die andere. Je höher die Differenz, desto höher der finanzielle Vorteil.
Um das einmal genauer zu erklären, lohnt sich ein Blick auf die Grund- und auf die Splittingtabelle. Die Grundtabelle gibt Auskunft über die Höhe des Einkommenssteuersatzes, den du bei einer Einzelveranlagung zahlen musst. Bist du verheiratet, gilt nicht mehr die Grundtabelle, sondern die Splittingtabelle.
Liegt dein zu versteuerndes Einkommen einzeln bei 50.000 Euro monatlich, musst du laut „Finanztip“ 11.343 Euro Steuern zahlen. Bei einer Gemeinsamveranlagung und einem gemeinsamen Einkommen von 50.000 Euro läge die Steuerlast nur noch bei 6.560 Euro.
Warum die Frau beim Ehegattensplitting oft den Kürzeren zieht
Hier kommt aber auch der große Nachteil zum Tragen, der dazu führt, dass das Ehegattensplitting in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit einen schlechten Ruf innehat. Denn je größer sich die Einkommen der beiden Eheleute unterscheiden, desto höher fällt der steuerliche Vorteil aus. Hört sich erst einmal nicht so schlimm an. Allerdings ist die traurige Realität, dass meistens die Frau beruflich kürzertritt, um beispielsweise die Kinderbetreuung und Aufgaben im Haushalt zu übernehmen.
Die Zahlen sprechen für sich: Denn laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2020 65,5 % der erwerbstätigen Mütter in Teilzeit. Bei Vätern lag dieser Anteil nur bei 7,1 %. Bedeutet, Frauen kümmern sich häufiger um die Kinderbetreuung und den Haushalt, nicht selten, weil ihr Gehalt geringer ausfällt, als das der Männer. Dieser Fakt lässt sich nicht bestreiten und ist übrigens klar der Gender Pay Gap geschuldet.
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Aus Sicht der Geschlechtergerechtigkeit ist hier das Ehegattensplitting aber ganz und gar nicht gerecht. Denn Frauen rutschen dadurch schnell in die sogenannte Zweitverdienerfalle. Sie nehmen für die Familie und für die Steuerersparnisse in Kauf, weniger zu arbeiten, sammeln dadurch aber auch weniger Rentenpunkte und niedrigere Sozialleistungen zum Beispiel im Falle einer Arbeitslosigkeit.
Weitere Nachteile: Die Aufstiegschancen werden aufgrund des Zeitmangels weniger. Gleichzeitig haben Beschäftigte in Teilzeit nicht selten so viel Arbeit, dass sie Überstunden machen müssen, um den Workload zu erfüllen. Das wiederum führt nicht nur in einen Teufelskreis, es lohnt sich auch finanziell nicht.
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Besonders schwierig wird es, wenn sich verheiratete Paare für die Steuerkombination aus drei und fünf entscheiden. Diese Kombination lohnt sich übrigens (wenn überhaupt) nur für Paare, bei denen eine*r deutlich mehr verdient. Der oder die Besserverdiener*in würde dann Steuerklasse drei und der oder die schlechter verdienende Partner*in Steuerklasse fünf wählen.
Auch hier ist jedoch wieder das Problem, dass Frauen eher die Steuerklasse fünf wählen, weil sie in Teilzeit weniger verdienen. Ihr Nettoeinkommen sinkt dadurch wiederum noch mehr, was sich auch negativ auf die Höhe von Lohnersatzleistungen auswirkt.
Hier sollten sich Paare und vor allem Frauen genau überlegen, ob sich das für sie wirklich lohnt. Dabei gilt es auch die individuelle Lebenssituation einzubeziehen und sich Fragen wie diese zu stellen: Gibt es ein gemeinsames Konto, auf das beide zugreifen können? Wie werden gemeinsame Ausgaben bezahlt? Was ist für die Zukunft geplant? Sorgen beide für das Alter vor?