Inhaltsverzeichnis
- Typische Anzeichen für das Syndrom Hikikomori
- Hikikomori: Mögliche Gründe für den Rückzug aus der Welt
- Was sagt die Psychologie?
- Ansprechpartner für den Notfall:
Der Begriff Hikikomori kommt aus Japan und bedeutet übersetzt so viel wie: „sich wegschließen“. Er bezeichnet sowohl die Erkrankten selbst, als auch das Phänomen. Ein Hikikomori ist jemand, der sich freiwillig in eine extreme Isolation begibt. Oftmals sind es Teenager, die plötzlich nicht mehr aus ihrem Zimmer kommen und ihre Eltern ratlos zurücklassen.
Lediglich nachts und heimlich wird das selbst gewählte Gefängnis verlassen. Kontakte zu Menschen werden auf ein Minimum reduziert. Manchmal besteht noch Kontakt zur eigenen Familie im Haus, manchmal wird selbst der vermieden. Betroffene verabschieden sich sozusagen aus dem sozialen Leben und verbarrikadieren sich in ihrem Zimmer oder ihrem Zuhause.
Laut Kinderärzte im Netz leiden 1,79% der Japaner im Alter von 15 bis 39 Jahren unter Hikikomori, das bislang noch nicht offiziell als psychische Krankheit anerkannt ist. Und: Es zeigt sich, dass mehr Jungen und Männer unter Hikikomori leiden, als Frauen.
Typische Anzeichen für das Syndrom Hikikomori
Laut einer Studie zeigen sich bei Betroffenen oft Depressionen, Panikattacken und Persönlichkeitsstörungen. Unsicher ist jedoch, ob es sich hier um die Auslöser handelt oder um die Folgeerscheinungen der langen sozialen Isolation. Denn nicht selten verharren Hikikomori mehr als 20 Jahre in ihrem soziophobischen Verhalten.
Die Betroffenen wirken meist antriebslos, depressiv, sehr unsicher und verschlossen. Und je länger sie in ihrer Isolation verharren, umso mehr entwickeln sie Ängste, wieder in Kontakt mit der Außenwelt zu treten. Ein Kontaktaufbau ist, wenn überhaupt, oft nur virtuell möglich, über Chats, Mail oder SMS.
Deshalb gibt es in Japan auch sogenannte Mietschwestern und -brüder, die von den Familien um Hilfe gebeten werden, und die dann einen zunächst virtuellen Kontakt herzustellen versuchen. Ein Unterfangen, das sehr lange dauern kann, aber eine Möglichkeit ist, zu den Isolierten vorzudringen.
Bisher ist das Syndrom von Seiten der Psychologie noch nicht hinreichend erforscht. Vor allem sind sich die Psychologen noch immer unklar darüber, was genau Hikikomori auslöst. Die Gründe sind oft ganz unterschiedlich: Seien es traumatische Erfahrungen, Mobbing, finanzielle Ausweglosigkeit, Jobverlust oder einfach der als zu groß empfundene Druck durch Gesellschaft und Familie. Deshalb ist Hikikomori in Japan auch ein Tabuthema, weil die Familien oft das Gefühl haben, versagt zu haben, weil sich das eigene Kind oder ein anderes Mitglied ihrer Gemeinschaft so radikal entzieht, statt sich helfen zu lassen.
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Hikikomori: Mögliche Gründe für den Rückzug aus der Welt
Laut einer neuen Studie von Frontiers in Psychiatrie besteht durchaus ein Zusammenhang zwischen dem Druck durch gesellschaftliche Anforderungen und Hikikomori. Zwar finden sich Betroffene quer durch alle sozialen Schichten und auch nicht nur in dicht besiedelten Städten. Dennoch dürfte die japanischen Gesellschaft einen Teil zum Syndrom betragen. Arbeit und beruflicher Erfolg hat in Japans Kultur einen größeren Stellenwert. Der Druck gerade auf junge Menschen ist immens.
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Was sagt die Psychologie?
Eine interessante Studie stammt von Roseline Yong und Kyoko Nomura von der Akita University in Japan. Sie befragten hierzu 3.287 Teilnehmer, sowohl weiblich als auch männlich, im Alter zwischen 15 bis 39 Jahren. 58 Befragte erwiesen sich laut den Untersuchungen als Hikikomori, das entspricht 1,8 Prozent der Studienteilnehmer. Als Hikikomori sahen die Wissenschaftler die Teilnehmer an, die im letzten halben Jahr ihr Zuhause nicht mehr verlassen hatten, bzw. extrem selten. Von den Befragten lebten ganze 41 Prozent bereits seit vier Jahren isoliert.
Die Betroffenen bejahten Aussagen wie: „Ich habe Angst, Leute zu treffen, die ich kenne“ und „Ich bin besorgt darüber, was andere über mich denken könnten“. Die Forscher konnten zudem einen Zusammenhang zwischen psychischen Vorerkrankungen und dem Phänomen Hikikomori ausmachen. Viele Betroffene waren in ihrem Leben bereits in psychiatrischer Behandlung, hatten Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen, oft fanden sich Studien- oder Schulabbrecher unter ihnen. Das Suizid-Risiko war bei vielen Betroffenen erhöht.
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Auffallend war jedoch: Betroffene hatten nicht etwa Angst vor dem Kontakt zu fremden Personen. Sie hatten vor allem Angst vor ihnen bekannten Menschen, also beispielsweise ihren eigenen Eltern. Das zeigt, dass Therapieansätze wie der mit den Mietschwestern und -brüdern durchaus sinnvoll sein können und für viele Betroffene ein möglicher Weg zurück in die Gesellschaft und zurück ins Leben.
Sicherlich ist Hikikomori nicht gleichzusetzen mit dem, was gerade hier durch die Corona-Pandemie passiert. Zwar haben verschiedene Studien bereits gezeigt, dass sich der Lockdown und Social Distancing wie ein Brennglas auf bereits bestehende psychische Probleme auswirken, dennoch ist Hikikomori sicherlich eine sehr spezielle Form der Soziophobie.
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Ansprechpartner für den Notfall:
Wer auch für sich feststellt, dass er vermehrt Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Kontakten hat und darunter massiv leidet, sollte sich professionelle Hilfe suchen. Hier ein paar Kontakte für den ersten Schritt.
Eine Anlaufstelle im Notfall ist die psychiatrische Ambulanz oder die psychiatrische Abteilung einer Klinik, der eigene Hausarzt, ein niedergelassener Psychiater oder Psychotherapeut, der ärztliche Bereitschaftsdienst (116117), die Polizei (110) oder der Rettungsdienst (112).
Anonym, kostenlos und rund um die Uhr kann man auch die Telefonseelsorge erreichen (08001110111). Sie eignen sich jedoch eher für kleinere Krisen.
Hilfe und Informationen findet ihr auch hier:
Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Selbsthilfeverband für Soziale Phobie – VSSP e.V.
Neurologen und Psychiater im Netz
Wichtiger Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel dienen lediglich der Information und ersetzen keine Diagnose beim Arzt. Treten Probleme, Unsicherheiten oder dringende Fragen auf, solltet ihr euren Arzt, Psychologen oder Therapeuten kontaktieren.