Viele kennen es wahrscheinlich aus diversen Filmen und Serien: Eine heterosexuelle Frau hat einen schwulen besten Freund an ihrer Seite, mit dem sie Sekt trinkt und über Männerprobleme reden kann. Jemanden, der wortgewandt und stylisch ist – und einfach alle stereotypen Vorurteile in einer Person vereint.
Eine echte Persönlichkeit oder tiefere Dimension sucht man bei solchen Charakteren nämlich leider oft vergebens. Und was im Film vielleicht noch ganz amüsant ist, ist im echten Leben leider nicht ganz so witzig. Denn wenn wir anfangen, diese Klischees auf Menschen im echten Leben anzuwenden, wird es problematisch.
Ein passendes Beispiel dafür ist die Kult-Serie ‚Sex and the City‘. Stanford Blatch, der „schwule beste Freund“ der Mädels rund um Carrie Bradshaw, könnte womöglich eine eigene Serie füllen, hier hat es jedoch nur zum Sidekick gereicht. Klar, das war vor 20 Jahren, aber die Darstellung ist klischee-behaftet und steckt immer noch in unseren Köpfen.
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Der schwule beste Freund als dekoratives Anhängsel
Vielen Frauen ist es vielleicht gar nicht bewusst: Das Bild des schwulen besten Freundes als dekoratives Anhängsel ist nicht in Ordnung. Denn jemanden aufgrund seiner sexueller Orientierung in eine Schublade zu stecken, ist und bleibt diskriminierend – egal, wie gut man es meint.
Es beginnt bei verallgemeinernden Aussagen wie „Oh, ich LIEBE Schwule!“, „Wir müssen unbedingt mal shoppen gehen!“ und „Du bist schwul? Dann werden wir die allerbeste Freund*innen!“ – und endet damit, dass diese Frauen homosexuelle Männer als eine Art Accessoire zu ihrem Lebensstil sehen. Und egal ob hetero oder homo: Wer bitte möchte das?
Ein Teil des Problems besteht darin, dass sich schwule Klischees scheinbar weniger falsch anfühlen, als es bei anderen Minderheiten der Fall ist.
Ein krasses Beispiel: Bei Amazon kann man sich einen „aufblasbaren besten schwulen Freund“ einfach nach Hause liefern lassen. Als Gag zum Junggesellinnenabschied vielleicht ganz lustig. Ist man jedoch ganz ehrlich, ist das einfach nur irre verletzend. Wer will dermaßen platt auf einen Typus reduziert werden, nur weil er eben so oder so liebt?
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Viele Dinge, mit denen homosexuelle Männer in Verbindung gebracht werden – gepflegtes Äußeres, Modebewusstsein, Humor, ein Gespür für Inneneinrichtung – sind absolut positiv. Trotzdem sollte jedem klar sein: Alle Menschen haben unterschiedliche Interessen. Und, ja, das geht auch Homosexuellen so.
Es ist nicht fair, jemanden mit einem Klischee zu belegen, der da gar nicht reinpasst. Als wäre das Outing eines homosexuellen Mannes Anlass, rosa Konfetti zu werfen, ihm ein Glas Prosecco in die Hand zu drücken und schnell ‚Desperate Housewives‘ anzumachen.
Zudem impliziert der Begriff „schwuler bester Freund“, dass die Homosexualität der wichtigste Bestandteil seiner Persönlichkeit sei. Dem ist eben nicht so! Einen Menschen macht nun mal mehr aus, als nur seine sexuelle Orientierung, der Glaube oder das familiäre Umfeld. Das sollten wir uns alle immer wieder ins Gedächtnis rufen.
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Die Chance auf eine tiefe Freundschaft
Natürlich ist es absolut nachvollziehbar, weshalb Frauen einen schwulen Freund zu schätzen wissen. Schwule Männer haben keine sexuellen Absichten. Als Frau musst du also keine Angst vor Hintergedanken und negativen Konsequenzen haben. Das macht die Freundschaft zu ihnen oft so schön, entspannt und innig.
Wichtig ist nur, dass es sich hier trotzdem um Freundschaft handelt und nicht um ein Must-have oder ein Vorzeige-Attribut der vermeintlich weltgewandten, modernen Frau. „Schaut her, wie aufgeklärt und tolerant ich bin. Ich habe einen schwulen Kumpel.“ Und: Nicht alle schwulen Männer sind frei verfügbares Kumpelmaterial, denn, Überraschung, die Chemie muss natürlich auch erstmal stimmen.