Inhaltsverzeichnis
- Was genau ist Narzissmus?
- Bin ich selbstbewusst oder narzisstisch?
- Niederländische Studie will Zusammenhang wissen
- Narzisstische Menschen sind nur nach außen hin selbstbewusst
Narzissten? „Das sind doch bloß selbstverliebte Menschen mit einem zu großen Selbstbewusstsein.“ So ganz trifft das nicht zu. Denn zwischen einem gesunden Selbstwertgefühl und narzisstischen Zügen gibt es klare Unterschiede.
Ein paar Gemeinsamkeiten gibt es natürlich schon. Denn Narzissten als auch sehr selbstbewusste Menschen besitzen eine positive Selbstwahrnehmung. Die ist bei beiden aber unterschiedlich stark ausgeprägt.
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Was genau ist Narzissmus?
Es ist ganz normal, gewisse narzisstische Züge zu haben, zum Beispiel geliebt werden zu wollen, eitel zu sein, gerne im Mittelpunkt zu stehen oder vor lauter Zielstrebigkeit mal die Gefühle anderer zu ignorieren. Das kann passieren. Die meisten Menschen sehen es jedoch ein, wenn sie Fehler gemacht oder jemanden verletzt haben. Sie wachsen daran und versuchen sich in Zukunft zu bessern.
Narzisstischen Menschen fällt genau dieser Teil schwer: Sie können oft nur schlecht mit Kritik umgehen oder Fehler einsehen. Auch sich in andere und deren Gefühlswelt hineinzuversetzen, gehört nicht zu ihren Stärken. Manchmal können narzisstische Persönlichkeitszüge in eine narzisstische Persönlichkeitsstörung übergehen. Davon sind laut onmeda.de vor allem Männer betroffen, die 75 % der Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung ausmachen.
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Bei der krankhaften Form von Narzissmus handelt es sich um eine psychosomatische Erkrankung, bei der die eigene Selbstwertregulation gestört ist. Kurzum: Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung leiden an einem krankhaft übertriebenen Selbstwertgefühl. Sie haben ein sehr starkes Aufmerksamkeitsbedürfnis und zeigen nur wenig bis keine Empathie anderen Menschen gegenüber. Oft nutzen sie zudem andere Menschen aus, um ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen oder Ziele zu erreichen.
Im Podcast „Echt & Unzensiert“ sprechen wir mit Regina Schrott, Expertin für Opfer von narzisstischem Missbrauch, über Narzissmus und seine Gefahren – jetzt reinhören:
Bin ich selbstbewusst oder narzisstisch?
Wenn ihr euch diese Frage stellt, habt ihr sehr wahrscheinlich keine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Für Narzissten ist diese Selbstreflexion nämlich nicht möglich, sie halten sich für unfehlbar.
Narzisstische Personen fühlen sich anderen nämlich überlegen. Dieser Vergleich mit der Außenwelt macht den größten Unterschied zwischen einem gesunden Selbstwertgefühl und Narzissmus aus. Während jemand selbstbewusstes, sich einfach so akzeptiert, mag oder stolz auf seine eigenen Leistungen sein kann, machen Narzissten ihren Selbstwert von anderen abhängig. Sie müssen sich besser fühlen, besser sein als andere. Entweder, indem sie die Leistungen anderer runtermachen oder danach streben, von ihnen bewundert zu werden.
Das hier sind weitere Unterschiede zwischen selbstbewussten und narzisstischen Menschen:
Aufmerksam sein oder bloß nach Aufmerksamkeit streben
Menschen mit einem gesunden Selbstwertgefühl können sich meist gut in andere Menschen hineinversetzen. Das hilft ihnen dabei, zuzuhören und die Meinungen anderer zu verstehen, auf sie einzugehen und tiefgehende Gespräche zu führen. Narzissten hingegen fällt eine solche Unterhaltung schwer. Es geht ihnen nicht darum, die andere Person kennenzulernen, sondern im Mittelpunkt zu stehen.
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Echte Empathie oder reine Arroganz
Menschen mit einem gesunden Selbstwertgefühl schätzen nicht nur sich selbst, sondern auch andere Menschen. Sie sind in der Lage, echte Verbindungen aufzubauen. Wer eine narzisstische Persönlichkeit hat, muss sich anderen überlegen fühlen, um sich selbst gut zu fühlen und/oder hat das ständige Bedürfnis anderen zu gefallen. Das Mitgefühl dreht sich meist mehr darum, von anderen für das eigene Verhalten gelobt zu werden, statt tatsächlich etwas aus reiner Fürsorge zu tun.
Niederländische Studie will Zusammenhang wissen
Wer narzisstisch ist, seinen Wert immer über den anderer stellt und sich selbst am allerwichtigsten findet, kann doch nur ein großes Selbstbewusstsein haben, oder?
Dass das nicht so ist, hat eine niederländische Studie ergeben. Dafür wurde unter der Leitung von Eddie Brummelman (Universität von Amsterdam) ein Experiment mit einer Gruppe von 71 Kindern durchgeführt. Die Kinder im Alter von viereinhalb Jahren sollten ein Lied vor ihren Eltern, einer filmenden Person und Wissenschaftler*innen singen. Dabei wurden verschiedene Vitalwerte und physiologische Reaktionen gemessen, um herauszufinden, wie nervös sich die Kinder dabei jeweils gefühlt haben.
Das gleiche Experiment wurde drei Jahre später erneut durchgeführt, als die Kinder siebeneinhalb Jahre alt waren. Dieses Mal sollten sie zudem einen psychologischen Fragebogen ausfüllen, um herauszufinden, wie unsicher oder selbstbewusst sie sind und ob sie narzisstische Züge aufweisen.
Das Ergebnis mag einige überraschen: Denn die Kinder, die vor dem Auftritt sehr nervös und unsicher waren, zeigten narzisstische Persönlichkeitszüge. Die Kinder, bei denen kein Narzissmus, sondern ein gesundes Selbstbewusstsein festgestellt wurde, waren wegen ihres Auftritts kaum aufgeregt.
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Narzisstische Menschen sind nur nach außen hin selbstbewusst
Narzisstische Menschen wirken also nach außen hin oft selbstbewusst, sind im Inneren aber genau das Gegenteil. Besonders Situationen, in denen man sie beurteilen oder bewerten kann, wie das Vorsingen der Kinder, verunsichern sie, da sie ihren Wert hauptsächlich von anderen abhängig machen.
Im Gegensatz dazu weiß jemand mit einem gesunden Selbstbewusstsein in solchen Situationen, dass Fehler normal sind und nichts an dem Wert eines Menschen ändern. Natürlich können auch Personen, die keine narzisstischen Züge aufweisen, Lampenfieber oder Angst vor einer Prüfung haben. In der Regel können selbstbewusste Menschen aber besser mit Rückschlägen, Zurückweisungen oder schlechten Bewertungen umgehen, als jemand mit einer narzisstischen Persönlichkeit.
Wichtiger Hinweis:
Wenn du oder jemand, den du kennst, Opfer psychischer Gewalt geworden ist oder unter einem Partner mit einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung zu leiden hat, findest du Hilfe und Unterstützung beim Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland.
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ erreichst du unter der Rufnummer 08000 116 016 an 365 Tagen im Jahr, zu jeder Uhrzeit, anonym und kostenlos. Dolmetscherinnen helfen bei sprachlichen Barrieren.
Oder du nutzt die Telefonseelsorge, die rund um die Uhr unter 0800 111 0111 oder 0800 111 0222 erreichbar ist.
Hier finden Opfer wichtige Infos und Kontaktstellen auf der Seite der Polizei.
Hier findest du Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser in deiner Nähe. (Frauenhauskoordinierung: www.frauenhauskoordinierung.de, bff: www.frauen-gegen-gewalt.de)
Wichtige Infos gibt es auch bei Opferhilfeorganisationen wie: WEISSER RING e.V. (www.weisser-ring.de oder über das Opfertelefon des Weissen Ring e.V. unter Tel.: 116 006)