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Polyamorie: Kann man mehrere Beziehungen zeitgleich führen?

Lachende junge Menschen auf einer Mauer
© Adobe Stock / Jacob Lund Photography

Vorab im Video: Mehr als zwei: Das steckt hinter dem Begriff Polygamie

Polygamie bezeichnet eine Ehe mit mehreren Partner*innen. Wo sie erlaubt ist und wie sie funktionieren kann: Hier erfahrt ihr mehr.

Kann es wirklich funktionieren, dass man mit mehreren Menschen gleichzeitig eine Beziehung führt? Was ist mit Eifersucht und Besitzdenken? Hier die wichtigsten Fakten über Polyamorie.

Inhaltsverzeichnis

Das klassische Beziehungsmodell in unserer Gesellschaft ist immer noch folgendes: Monogamie, Treue und Verbindlichkeit. Aber bildet das immer noch die realen Wünsche ab? Wie sieht es eigentlich aus mit anderen Partnerschaftsmodellen?

Problem: Monogame Beziehungen und Fremdverlieben

Auch wenn andere Beziehungsformen, als die monogame argwöhnisch betrachtet werden, so muss man sich doch wirklich ehrlich fragen: Sind wir für die Monogamie gemacht oder sprechen die unzähligen Affären und Seitensprünge nicht eine andere Sprache? Und wenn ja: Wäre da ein offenes Modell ohne Heimlichkeiten nicht vielleicht ehrlicher?

Letztlich sehnen sich viele Menschen danach, noch einmal verliebt zu sein und dieses unbeschreibliche Gefühl zu erleben – auch die, die in einer Beziehung stecken mitunter. In der monogamen Beziehung gibt es hier wenig Spielraum. Man kann Schluss machen, heimlich eine Affäre beginnen oder sich die Gefühle für die andere Person zu verbieten und in der bestehenden Partnerschaft bleiben.

Polyamor lebende Personen gehen einen anderen Weg. Sie lassen die Gefühle für die dritte Person im Bunde zu und führen so letztlich mehrere Liebesbeziehungen parallel. Wenn sie sich also in einen anderen Menschen als den jetzige*n Partner*in verlieben, dann erlauben sie sich ihren Gefühlen nachzugehen.

Der Unterschied: Polyamorie vs. offene Beziehung

Man darf Polyamorie jedoch nicht mit einer offenen Beziehung verwechseln. Bei einer offenen Beziehung gibt es eine feste Partnerschaft, aber beide dürfen ihrer Lust mit anderen nachgehen. Das bedeutet aber auch nur, dass sie Sex mit anderen haben, die Gefühle bleiben außen vor. Beide erzählen sich ehrlich von ihren Seitensprüngen, aber die Seitensprünge bleiben eben genau das: Nebenschauplätze.

Bei der Polyamorie erlauben sich beide Partner, auch andere Menschen interessant zu finden, aber eben nicht nur sexuell, sondern komplett und ganz.

Man liebt sozusagen zwei Menschen oder auch drei oder mehr, wenn man sich denn mehrfach verliebt. Denn es geht nicht nur um drei beteiligte Personen, es können auch weit mehr Partner und somit Beziehungen dazukommen.

An diesem Punkt ist einem sicherlich klar, dass diese Art der Beziehung noch fragiler und komplizierter ist als eine offene Beziehung. Denn bei letzterer kann man klar Sex und Gefühle trennen. Bei der Polygamie geht es wirklich um mehrere gleichberechtigte Beziehungen, die nebeneinander existieren können.

Definition laut Queer-Lexikon:

Polyamorie / Polyamory: Polyamouröse Menschen können sich in mehr als nur eine Person zur gleichen Zeit verlieben und führen romantische und/oder sexuelle Beziehungen mit mehr als einer Person. Wichtig ist, dass alle Beziehungs- und/oder Sexualpartner*innen mit dieser Beziehungsform einverstanden sind.

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Bedeutet Polyamorie Gefühlschaos?

Klingt nach Gefühlschaos und genau das kann eben schnell passieren. Denn was, wenn einer von beiden Partnern sich in jemand anderen verliebt und eine Beziehung anfängt, der andere aber nicht? Haben beide Partner einen anderen Menschen, den sie noch lieben, wird es sicherlich einfacher.

Ebenfalls kompliziert wird es, wenn beide sich in ein und dieselbe Person verlieben, sprich: einer von beiden lebt seine bisexuellen Gefühle aus (bei heterosexuellen Paaren) und man ist von nun an zu dritt. Dennoch ist diese Art Dreiecksbeziehung eher der Sonderfall.

Normalerweise werden die Beziehungen einzeln geführt, sprich nur ein Partner ist mit dem dritten im Bunde zusammen, der andere ist mit ihm nur befreundet, aber nicht mehr. Egal in welcher Konstellation: Wichtig ist in jedem Fall das Wissen und Einverständnis aller Partner.

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Der Grundgedanke von Polyamorie

Schon der Begriff Polyamorie zeigt, dass es vor allem um die Gefühlskomponente geht. „Polys“ ist griechisch und bedeutet „viele“ und das lateinische „amor“ erklärt sich von selbst.

Diese Beziehungsform kam vermehrt in den 1990er Jahren auf, und wollte sich bewusst von der sexuellen Freiheit der freien Liebe der 1968er Jahre abgrenzen. Polyamor lieben bedeutet für ihre Anhänger vor allem, Gefühle für mehr als eine Person zu haben. Es geht nicht primär um Sex.

Der Grundgedanke der Polyamorie ist also zum einen, nicht nur eine Liebe zuzulassen, sondern mehrere Menschen zu lieben. Normalerweise – wenn es ein normal gibt – hat man in unserer Gesellschaft dank der längeren Lebenserwartung ja auch selten einen einzigen Lebenspartner in seinem Leben, sondern mehrere Lebensabschnittspartner, die man liebt.

Allerdings gesellschaftlich akzeptiert nur als monogame Beziehungen nacheinander und nicht zeitgleich.

Dass unsere Gesellschaft dieses Model als normal empfindet, muss man aber noch lange nicht als gottgegeben ansehen. Schließlich gibt es auch Gesellschaften, in denen beispielsweise die Vielehe gesellschaftlich angesehen und als normal empfunden wird. Es ist also wirklich erlaubt, die gängigen Beziehungsformen auch mal kritisch zu hinterfragen.

Der zweite Grundgedanke der Polyamorie – und der ist sehr schön – ist es, sich für seinen Partner freuen zu können. Wenn er glücklich ist, dann bin ich es auch – so die Idee. Wenn der Partner also das Verliebtheitsgefühl mit einer anderen Person genießt, dann freue ich mich für ihn, gerade weil ich ihn liebe. Und zwar ohne eifersüchtig zu sein.

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Mögliche Probleme der Polyamorie

Wenn mehrere Partner da sind, bedeutet das natürlich auch, dass man an mehreren Fronten Beziehungsarbeit leistet. All das, was man in einer monogamen Beziehung am Anfang der Beziehung ausdiskutiert und erarbeitet, macht man also doppelt und dreifach.

Und auch das Thema Eifersucht lässt sich sicherlich nicht immer vermeiden, denn wie fühlt man sich, wenn man weiß, dass der Mensch, den man liebt, gerade in den Armen eines anderen liegt?

Damit kommt sicherlich nicht jeder klar. Und es kostet viel Kraft und Disziplin, seine Zeit auf die zwei oder mehr Partner gerecht aufzuteilen, ohne dass einer zu kurz kommt.

Zudem wird es immer so sein, dass man einen Menschen gerade mehr liebt als den anderen. Klassifiziert man dann also seine Partnerschaften in eins, zwei und drei? Mit welchem seiner Partner fährt man in den Urlaub und wer pflegt einen, wenn man krank ist? Alles Fragen, die aufkommen werden.

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Fazit: Polyamorie bedeutet Arbeit

Fakt ist, dass die meisten polyamouröse Menschen über 30 sind und alleine leben. Denn wenn man zwei oder mehr Beziehungen gleichzeitig hat, mit welchem Partner sollte man dann zusammen wohnen? Und wenn man seinen Alltag und seine vier Wände mit einem Partner teilt, wie sollte man dann die dritte oder vierte Person integrieren?

Wegen all dieser Probleme erfordert eine polyamore Beziehung deutlich mehr Kommunikation und Regeln, um zu funktionieren. ​Einfach ist also wirklich anders. Aber es gibt sicherlich Menschen, für die genau dieses Beziehungsmodell richtig ist.