Veröffentlicht inBeziehung, Liebe & Psychologie

Monogamie: Alles utopisch oder gibt es die ewige Treue & Liebe?

Monogamie: Kann sie wirklich langfristig funktionieren?
© Getty Images

Monogamie: Alles utopisch oder gibt es die ewige, treue Liebe?

Eine monogame Beziehung ist für viele das Ideal und die einzig wahre Beziehungsform. Aber sind wir geschaffen für die Monogamie? Können wir wirklich langfristig treu sein?

Inhaltsverzeichnis

Sieht man sich an, wie viele Menschen in ihren Beziehungen schon einmal fremdgegangen sind, stellt sich die berechtigte Frage: Ist das bei uns übliche Modell der treuen, exklusiven, monogamen Liebe vielleicht gar nicht das richtige? Wäre es dann nicht besser, das Modell der Monogamie noch mal zu überdenken und zu optimieren?

Monogamie ist nicht überall das Beziehungsideal

Hinter Monogamie steckt ja die Vorstellung, dass wir uns im Leben mit genau einem Partner zusammentun. Und der soll dann alle unsere geistigen, sozialen und körperlichen Bedürfnisse befriedigen.

Monogame Beziehungen sind in unserer westlichen Welt immer noch die meist gelebte Form der Partnerschaft. (Aber: Das ist nicht in allen Ländern der Welt so. Es gibt auch etliche Gesellschaften, in denen die Polygamie gelebt bzw. akzeptiert wird.) Letztlich ist jedoch das, was die meisten hier in Deutschland praktizieren eher eine serielle Monogamie.

Lebenslang mit demselben Partner bleiben nämlich die wenigsten zusammen. Wir führen exklusive Partnerschaften, dafür aber mehrere im Laufe unseres Lebens. „Bis das der Tod euch scheidet“ versprechen wir einander, aber wenn jede zweite Ehe geschieden wird, ist das eine eher traurige Erfolgsquote für monogame Beziehungen.

Auch lesen: Kritische Phase: Nach so vielen Jahren gehen die meisten Menschen fremd

Monogamie: Die Exklusivität der Zweisamkeit

Monogame Beziehung ist nicht gleich monogame Beziehung. Einige sehen das exklusive Beziehungsmodell deutlich enger als andere. Es gibt ja diese Pärchen, die es einander nicht gestatten mit Personen des anderen Geschlechts auszugehen, Essen zu gehen oder sich zu zweit zu treffen, ohne dass direkt eine eifersüchtige Diskussion stattfindet.

Diese Pärchen bekennen sich aber auch ganz klar dazu, dass sie einander voll und ganz genügen und dass ihnen nichts fehlt. Aber ist das auch wirklich so? Ist man wirklich erfüllt damit, dass man einen heiligen Kreis der Zweisamkeit bildet, zu dem niemand Zutritt hat, aus dem man aber auch selbst nicht heraus darf? Es wäre sehr schön, wenn das für diese Menschen so funktioniert. Ganz ehrlich. Aber die Realität sieht leider anders aus.

Im Video: Auf immer und ewig? Unsere Expertin zum Thema Treue im Video Talk

Monogamie: Kann sie wirklich langfristig funktionieren?

Auf immer und ewig? Unsere Expertin zum Thema Treue im Video Talk

Auch lesen: Nicht nur „eine Phase“: Was es wirklich bedeutet bisexuell zu sein

Beziehungsformen auch mal hinterfragen

Vor einiger Zeit war es fast schon blasphemisch, diese Zweifel am Monogamie-Modell zu äußern. Mittlerweile aber glücklicherweise nicht. Und das ist auch enorm wichtig. Denn wenn wir Beziehungsformen auch mal hinterfragen, sorgen wir dafür, dass sie Sinn machen.

Und es sagt ja auch niemand, dass wir, wenn wir die monogame Beziehung kritisch beäugen, schlussendlich zu dem Ergebnis kommen müssen, dass sie nicht funktioniert. Vielmehr können wir durch einen kritischen Blick dafür sorgen, dass sie – moderat verändert – in der heutigen Zeit funktionieren kann. Und das sogar sehr erfüllend.

Auch lesen: Mehr als zwei: Das steckt hinter dem Begriff Polygamie

Polyamorie, Polygamie, offene Beziehung: Toleranz gegenüber Andersdenkenden

Ich finde immer, wenn es um Gefühle geht, sollte man Toleranz gegenüber Andersdenkenden draufhaben. Sonst kann man sich jedes Gespräch direkt sparen. Nicht selten unterhält man sich über Paare, die eine offene Beziehung führen oder die einander fremdgegangen sind, aber verziehen haben, oder die polygam leben. Und dann gibt es eigentlich immer jemanden im Raum, der sagt: „Also DAS geht absolut gar nicht für mich. Das ist keine Liebe!“ Und sowas ist einfach nur engstirnig und wenig tolerant.

Vielleicht brauchen manche Menschen die Bestätigung durch andere oder haben das Bedürfnis, ihre Sexualität auf diese Weise auszuleben. Vielleicht haben sie das Bedürfnis, mit anderen Kontakt zu haben, um dann umso deutlicher zu merken, dass die Partnerschaft der eigentliche Hafen ist, in den man immer wieder zurückkehrt. Und solche Gedanken sollte man nicht vorschnell verurteilen.

Auch lesen: Polyamorie: Kann man mehrere Menschen zeitgleich lieben?

Monogamie: In der Tierwelt eher selten

Es zeigt sich ja auch in der Tierwelt, dass nur die wenigsten Tiere streng monogam sind (Wobei es in der Vogelwelt ganze 90 % sind). Hier fällt unter monogam aber auch schon der Tatbestand, wenn beide Partner gemeinsam den Nachwuchs zeugen und großziehen. Mehr aber auch nicht und im nächsten Frühling lockt das nächste Weibchen bzw. Männchen.

Dennoch hat sich für den Menschen das paarweise Durchslebengehen als sehr gut herausgestellt und daran soll auch nicht gezweifelt werden. Wir sind nicht dafür gemacht, sozial isoliert durchs Leben zu gehen und suchen die Nähe von Anderen. Der Treuegedanke (auch durch die Kirche bestärkt) hat zudem dafür gesorgt, dass beide Partner versorgt und Kinder abgesichert sind. Ganz zu schweigen von dem romantischen Gedanken dahinter, einander auf ewig treu zu sein.

Und so geht es auch den meisten heute: Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich ausdrücklich Treue in ihrer Partnerschaft und somit eine monogame Beziehung. So zeigt eine Umfrage von statista.com, dass 88 Prozent der Frauen und 72 Prozent der Männer sich in Beziehungen Treue wünschen. Monogamie und Treue sind also immer noch absolut nicht out.

Auch lesen: Geheime Affäre: Warum so viele fremdgehen und wer am Ende WIRKLICH der Leidtragende ist

Treue sollte freiwillig sein – auch in monogamen Beziehungen

Durch die vielfältigen Möglichkeiten, andere Menschen kennenzulernen, die soziale Absicherung von Frauen, die nicht mehr auf einen Mann angewiesen sind und etliche andere Faktoren, ist das Modell der Monogamie dennoch in Bedrängnis geraten. Und hat mit Polyamorie, Mingle-Konstrukten und offenen Beziehungsmodellen Konkurrenz bekommen.

Und der polyamore Gedanke ist eigentlich sehr schön, nämlich die Frage: Muss ich dem, den ich liebe, nicht das ermöglichen, was ihn glücklich macht? Darf ich ihm Dinge versagen?

Vielleicht kann moderne Monogamie sich von diesem Gedanken inspirieren lassen. Mongam leben kann ja auch bedeuten, dass wir in einer engen Paarbindung zu zweit leben, nicht aber unbedingt, dass wir dabei komplett treu sind. Die Treue ist sozusagen die freiwillige Kirsche auf dem Tortenstück der Beziehung. Das Besondere, das wir uns gegenseitig geloben, wenn wir das beide wollen. Aber eben nur, wenn es beiden leichtfällt, diese Treue auch einzuhalten.

Ich habe einen Menschen, mit dem ich durchs Leben gehe, aber ich erlaube ihm und er mir, dass wir dabei auch mal nach rechts und links schauen. An der festen Gemeinschaft ändert sich letztlich nichts, vorausgesetzt, beide sind sich in diesem Punkt einig.

Sind beide sich hierin nicht einig, ist Untreue immer gekoppelt an Heimlichkeit und Lüge. In dem Fall hintergeht man den Partner, weil das mit den Seitensprüngen nicht abgesprochen war. Und dann ist es eben nicht ok.

Und: Seitensprünge müssen ja auch nicht immer Sex mit Dritten bedeuten. Das kann auch ein Flirt sein, ein tiefes Gespräch oder körperliche Nähe, einfach etwas, das uns in der Beziehung trotz aller Liebe fehlen würde.

Auch lesen: Getrennte Wohnungen: Macht „Living apart together“ wirklich glücklicher?

Überfordere ich meinen Partner mit meinen monogamen Ansprüchen?

Natürlich muss man sich auch immer nach dem Warum fragen, wenn so viele Menschen ausbrechen und untreu werden. Immerhin sind laut einer Studie von ElitePartner 25 Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen in Deutschland schon einmal fremdgegangen. Warum? Üben wir zu viel Verzicht, wenn wir monogam leben?

Wenn einer von beiden unglücklich ist und die Probleme nicht mit seinem Partner löst, sondern die Lösung außerhalb der Beziehung sucht, dann hat in dem Moment auch die Beziehung ein arges Problem. Hat hier die Idee der Exklusivität versagt?

Auch Eifersucht ist ein arg unschönes Gefühl und hat immer den negativen Beigeschmack des Besitzdenkens an sich. Zudem muss man sich auch fragen: Wenn mein Partner für all meine Launen, Gelüste und Wünsche da sein muss, überfordere ich ihn dann nicht mit derart umfassenden Anforderungen? Was muss er alles können? Das grenzt doch schon an die eierlegende Wollmilchsau.

Und sorgt das dann nicht letztlich für Unzufriedenheit, die die Beziehung nach und nach negativ beeinflusst? Vielleicht projiziere ich dann meine eigene Unzufriedenheit auf meinen Partner und schon werde ich womöglich anfällig für Reize von außen.

Fakt ist ja: Liebe funktioniert dann am besten, wenn wir Liebe schenken wollen und nichts dafür erwarten. Bei der strikten Monogamie erwarten wir aber verdammt viel von dem Menschen an unserer Seite.

Scarlett Johansson hat einmal in einem Interview gesagt: „Ich glaube nicht, dass es natürlich ist, monogam zu sein. […] ich denke, es widerspricht definitiv unseren Instinkten. Die Tatsache, dass es für viele Menschen harte Arbeit ist, beweist, dass es keine naturgegebene Sache ist.“

Mehr dazu: Offene Beziehung: Totales Vertrauen oder nur ein Freibrief zum Fremdgehen?

Letztlich ist Treue etwas Wunderbares. Aber eben nur, wenn ich aus freien Stücken treu bin, weil ich niemand anderen an meiner Seite möchte, und nicht, weil es eine Vorschrift ist.

Die Freiwilligkeit ist es ja, die die exklusive Liebe so schön macht. Geschieht dies jedoch widerwillig, dann ist die Monogamie eben nicht die richtige Beziehungsform. Zumindest keine, die nachhaltig glücklich macht. Jeder Mensch tickt ja individuell und kann nicht entgegen seinem Fühlen handeln. Und sicher ist das Modell Monogamie nicht für jeden passend. Und das muss man auch tolerieren.